Erwerb einer Immobilie
im Wege der Zwangsversteigerung


Neben dem Abschluss eines notariellen Vertrages zum Kauf einer Immobilie besteht auch die Möglichkeit, eine Immobilie im Wege der Zwangsversteigerung zu erwerben. Der Vorteil einer Zwangsversteigerung besteht darin, dass im Einzelfall eine Immobilie unterhalb des Verkehrswertes ergattert werden kann. Darüber hinaus liegen die Nebenkosten merklich unterhalb denen, die im Zuge eines normalen, freihändigen Immobilienkaufs anfallen würden. Im Zuge des Zwangsversteigerungsverfahrens fallen für den Erwerber lediglich die Gerichtskosten (u. a. Eigentumsumschreibung, Zuschlagsgebühr) sowie die Grunderwerbsteuer (zur Zeit 6,5 % in Schleswig Holstein) an. Eine Maklerprovision oder Notarkosten werden nicht fällig. Trotz dieser Vorteile muss der jeweilige Interessent die mit dem Erwerb im Rahmen einer Zwangsversteigerung verbundenen Risiken stets im Auge behalten. Dem Erwerber stehen nämlich keinerlei Gewährleistungs- und Mängelhaftungsansprüche zu. In den meisten Fällen ist auch eine Besichtigung der Immobilie (von Innen) vor dem Zwangsversteigerungstermin nicht möglich. Von daher können unvorhergesehene Kosten für eine Renovierung und/oder Sanierung der Immobilie nach dem Erwerb anfallen. Um hier die Risiken möglichst gering zu halten, ist jeder Interessent gehalten, sich die Immobilie zumindest vor Ort selber anzuschauen und vor dem Versteigerungstermin Einblick in die bei dem zuständigen Amtsgericht geführte Zwangsvollstreckungsakte zu nehmen. Die Zwangsvollstreckungsakte enthält grundsätzlich das vom Amtsgericht in Auftrag gegebene Wertgutachten. Anhand dieses Wertgutachtens kann sich der Bietinteressent einen Eindruck über den Zustand der jeweiligen Immobilie machen.

Die Zwangsversteigerungen finden grundsätzlich bei dem jeweiligen Amtsgericht statt, welches aufgrund der Lage der Immobilie zuständig ist. Die Zwangsversteigerungstermine werden von den Amtsgerichten an der Gerichtstafel im Amtsgerichtsgebäude sowie in dem lokalen Amtsblatt bekannt gegeben. Darüber hinaus können Informationen aus den regionalen Tageszeitung sowie den diversen Internetangeboten entnommen werden. Um als Bietinteressent an einer Zwangsversteigerung teilnehmen zu können, muss man das 18. Lebensjahr vollendet haben und sich durch einen gültigen Personalausweis oder Reisepass ausweisen können. Als normaler Zuschauer muss man hingegen keine dieser Voraussetzung erfüllen. Um den Ablauf eines Zwangsversteigerungstermins überhaupt kennenzulernen, sei dringend angeraten, an derartigen Terminen vorab als Zuschauer teilzunehmen.

Der Zwangsversteigerungstermin wird durch den zuständigen Rechtspfleger des Amtsgerichts geleitet. Ein solcher Termin teilt sich in drei Abschnitte auf. Der erste Abschnitt ist der so genannte Bekanntmachungsteil. In diesem Teil gibt der Rechtspfleger die Details zu der zu versteigernden Immobilie bekannt und erläutert unter anderem nochmals den Inhalt des Grundbuches. Ferner gibt der Rechtspfleger das geringste Gebot (Verfahrenskosten, bestehen bleibende Rechte) bekannt. Bei Unklarheiten sollte sich ein Bietinteressent unverzüglich an den Rechtspfleger wenden. Zu diesem Zeitpunkt haben die Verfahrensbeteiligten nochmals Gelegenheit, Anträge zum Verfahren zu stellen.

Im Anschluss daran eröffnet der Rechtspfleger die so genannte Bietzeit, die mindestens 30 Minuten dauern muss und solange dauert, wie Gebote abgegeben werden. In dieser Bietzeit haben die Bietinteressenten die Möglichkeit, ihre Gebote für die Immobilie abzugeben. Bei Abgabe eines Gebotes kann der Gläubiger Sicherheit zu verlangen. Die Sicherheit ist in diesem Fall in Höhe von 10 % des Verkehrswertes vom jeweiligen Bietinteressenten unmittelbar zu leisten. Eine derartige Sicherheitsleistung kann nur durch Vorlage eines bankbestätigten Inlandschecks, einer Bankbürgschaft oder durch Vorausüberweisung des Betrages auf das Konto der zuständigen Justizkasse erbracht werden. Leistungen in Form von Bargeld sind nicht möglich. Werden nach Ablauf der Bietzeit keine weiteren Gebote mehr abgegeben, ruft der Rechtspfleger das bis dahin abgegebene Höchstgebot dreimal auf. Sollte auch dann kein weiteres höheres Gebot mehr abgegeben werden, stellt der Rechtspfleger dieses Gebot als das so genannte Meistgebot fest. Im Anschluss daran wird die Bietzeit für beendet erklärt.

Nunmehr folgt der dritte Teil des Versteigerungstermins, in welchem über den Zuschlag des Gebots verhandelt wird. Liegt zum Beispiel das festgestellte Meistgebot unterhalb der 5/10 Grenze des Verkehrswertes der Immobilie, so ist der Zuschlag von Amts wegen zu versagen, soweit die Gebotsmindestgrenzen (5/10 bzw. 7/10) in dem Termin noch Gültigkeit haben. Hierüber informiert der Rechtspfleger in der Regel vor Beginn der Bietzeit. Bei Nichterreichen der 7/10 Grenze hat der Gläubiger im vorgenannten Fall die Möglichkeit, den Zuschlag versagen zu lassen. Liegen derartige Versagungsgründe nicht vor und erhält der Meistbietende dann den Zuschlag, so wird er mit sofortiger Wirkung Eigentümer der ersteigerten Immobilie. Alle Rechte und Pflichten gehen ebenfalls zu diesem Zeitpunkt auf den Erwerber über.

Im Anschluss an die Zuschlagsverhandlung verkündet der Rechtspfleger in der Regel den so genannten Verteilungstermin. Dieser findet spätestens acht Wochen nach der Zuschlagserteilung statt. Der Erwerber muss bis zu diesem Termin den von ihm gebotenen Betrag an das Gericht überweisen. Eine von ihm eventuell erbrachte Sicherheitsleistung würde allerdings angerechnet werden. Vor, nach und während des Versteigerungstermins steht der zuständige Rechtspfleger selbstverständlich für konkrete Fragen zu dem betreffenden Einzelfall zur Verfügung.

Wird die ersteigerte Immobilie vom alten Eigentümer selbst noch bewohnt, so erlangt der Erwerber mit dem Beschluss über den Zuschlag gegen den alten Eigentümer einen Räumungstitel. Diesen Räumungsanspruch könnte dieser dann gegebenenfalls über einen Gerichtsvollzieher bei Bedarf vollstrecken lassen. Ist die erworbene Immobilie hingegen vermietet, tritt der Erwerber mit Erteilung des Zuschlags in alle Rechte und Pflichten des laufenden Mietverhältnisses ein. Das Gesetz räumt aber dem Erwerber ein so genanntes Ausnahmekündigungsrecht mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum nächstmöglichen Zeitpunkt ein (§ 57a ZVG). Allerdings bedarf es auch für eine derartige Kündigung gewichtiger Gründe (wie zum Beispiel Eigenbedarf). Insoweit unterliegt der Erwerber den gleichen Kündigungsbegründungsvoraussetzungen wie ein "normaler" Eigentümer/Vermieter.

Die Zwangsversteigerung einer Immobilie ist ein klar geregeltes und kontrolliertes Verfahren und ist mit einer Auktion z. B. bei ebay in keiner Weise vergleichbar. Das Risikopotential ist nicht zu unterschätzen, kann aber durch geschicktes Verhalten des Bietinteressenten (z. B. durch rechtzeitiges Sammeln von Informationen, direkte Kontaktaufnahme zu den Beteiligten) minimiert werden.

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