Entscheidung im Mietrecht
Umlage der Kosten für Dachrinnenreinigung
Umlage der Kosten für Dachrinnenreinigung
BGH. Urteil vom 7. April 2004 - VIII ZR 167/03
1) Kosten einer Dachrinnenreinigung können als sonstige Betriebskosten nach Nr. 17 der Anlage 3 zu § 27 II. BV a.F. (jetzt: § 2 BetrKV) auf den Mieter umgelegt werden.
2) Sonstige Betriebskosten i. S. v. Nr.17 der Anlage 3 zu § 27 II. BV a. F. (jetzt: § 2 BetrKV) sind nur dann umlagefähig, wenn die Umlegung der im einzelnen bestimmten Kosten mit dem Mieter vereinbart worden ist.
Zur Sache:
Die Beklagten bewohnen seit dem 1. Januar 1978 eine 5-Zimmer ÂWohnung im Hochparterre des Hauses A. in B. Mit Schreiben vom 23. August 1991 erhöhten die Rechtsvorgänger der Klägerin die Miete nach der Grundmietenverordnung und legten gleichzeitig die Betriebskosten nach der Betriebskosten-Umlage-Verordnung um. Die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 2000. Der LasÂten- und Nutzenübergang auf die Klägerin erfolgte zum 1. Juli 2000. Daher fertigten die Voreigentümer die Abrechnung bis zum 30. Juni 2000 und die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis zum Jahresende. Die Betriebskostenabrechnung vom 8. Januar 2001 für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 30. Juni 2000 endete mit einem Nachzahlungsbetrag von 208,20 DM. Die BetriebskosÂtenabrechnung vom 10. Oktober 2001 für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2000 ergab einen Nachzahlungsbetrag von
674,13 DM zu Lasten der Beklagten. Die Beklagten zahlten auf
die Betriebskostennachforderungen einen Betrag von 699,38 DM, der von der Klägerin zunächst auf die ältere Nachforderung und in zweiter Linie auf die Betriebskostenabrechnung vom 10. Oktober 2001 angerechnet wurde. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Zahlung des Restbetrages von 182,95 DM (= 93,54 Euro). Die BeÂklagten sind der Auffassung, sie müssten die Kosten für den HausÂwart und die Kosten der Dachrinnenreinigung nicht bezahlen.
Aus den Gründen:
1. In Höhe von 42,28 Euro ist die Klage abzuweisen, da die KläÂgerin nicht berechtigt war, die Kosten der Dachrinnenreinigung auf die Beklagten umzulegen.
a) Allerdings handelt es sich bei den Kosten der DachrinnenreiniÂgung um Betriebskosten und nicht, wie die Revision meint, um vorbeugende Instandsetzungskosten, die nicht auf den Mieter abÂgewälzt werden können. Betriebskosten sind nach der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. BV die dort im einzelnen aufgeführten KosÂten, die dem Eigentümer durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes oder der Wirtschaftseinheit, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen, es sei denn, dass sie üblicherweise vom Mieter außerhalb der Miete unmittelbar getragen werden. Dagegen sind als Instandsetzungskosten Kosten aus Reparatur und Wiederbeschaffung anzusehen (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 8. Aufl., § 556 Rdnr. 97). Instandhaltungskosten wiederum stellen nach § 28 Abs. I 11. Berechnungsverordnung die Kosten dar, die zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs aufgewendet werden müssen. um die durch Abnutzung, Alterung, Witterungseinwirkung entsteÂhenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beÂseitigen." Auch insoweit muss es sich also um Mängel an der Substanz der vermieteten Immobilie oder ihrer Teile handeln. DaÂher ist für die Dachrinnenreinigung zu unterscheiden, ob sie in reÂgelmäßigen Abständen durchgeführt werden muss, etwa weil das fragliche Gebäude von einem hohen Baumbestand umgeben ist, oder ob eine einmalige Maßnahme aus bestimmtem Anlass vorÂliegt oder gar eine bereits eingetretene Verstopfung beseitigt werÂden soll (so Schmidt-Futterer/Langenberg, a. a.O. Rdnr. 217; ebenso LG Hamburg WuM 1989,640 und Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, 3. Aufl., § 4 MHG Rdnr. 37; vgl. auch Sternel Mietrecht 111 Rdnr. 356; a.A. LG BerÂlin GE 1994, 1381 und GE 1999, 1428 sowie LammeI, WohnÂraummietrecht, 2. Aufl., § 556 BGB Rdnr. 49). Vorliegend hat das Berufungsgericht festgestellt, dass das von den Beklagten beÂwohnte Haus von einem hohen Baumbestand umgeben ist, der eiÂne turnusmäßige Reinigung der Dachrinne erforderlich werden lässt. Da keinerlei Anhaltspunkte dafür festgestellt worden sind, dass die Reinigung aus einem besonderen Anlass erforderlich wurde, ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die Kosten der Dachrinnenreinigung als laufend anfallende Kosten angesehen hat.
b) Gleichwohl konnte die Klägerin im vorliegenden Fall den BeÂklagten die Kosten für die Dachrinnenreinigung in der BetriebsÂkostenabrechnung vom 10. Oktober 2001 nicht auferlegen. Die Kosten der Dachrinnenreinigung sind sonstige Betriebskosten im Sinne der Nr. 17 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV bzw. Nr. 15 des Schreibens der Rechtsvorgänger der Klägerin vom 23. August 1991, zu deren Umlegung es einer vorherigen Anzeige bedurft hätte.
aa) Bei den Kosten der Reinigung der Dachrinne handelt es sich nicht um Kosten der Entwässerung oder um Kosten der HausreiÂnigung. Kosten der Entwässerung sind nach der abschließenden Aufzählung in Nr. 3 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV die GeÂbühren für die Haus- und Grundstücksentwässerung, die Kosten des Betriebs einer entsprechenden nichtöffentlichen Anlage und die Kosten des Betriebs einer Entwässerungspumpe. Auch wenn die Dachrinne mit der Entwässerung des Grundstücks in ZusamÂmenhang steht, so ist sie doch in der Regelung nicht genannt. Die Kosten der Dachrinnenreinigung fallen auch nicht als Kosten der Hausreinigung unter Nr. 9 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV. Diese Regelung setzt voraus, dass die zu säubernden GebäudeteiÂle von den Bewohnern gemeinsam benutzt werden. Das ist bei der Regenrinne nicht der Fall (vgl. auch Staudinger/Weitemeyer, BGB, Bearb. 2003, § 556 Rdnr. 34). Jedoch sind die Kosten der Regenrinnenreinigung aus den unter a) genannten Gründen sonstige Betriebskosten im Sinne von Nr. 17 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV.
bb) Im Rahmen der Vorschrift der Nr. 17 der Anlage 3 zu § 27 Abs.1 II. BV können Betriebskosten nur dann auf den Mieter umgelegt werden. wenn dies vorher im einzelnen vereinbart wurde. Dies war vorliegend nicht geschehen. Zwar haben die Parteien durch das Schreiben der Rechtsvorgänger der Klägerin vom 23. August 1991 die Betriebskosten-Umlage-Verordnung vom 17. Juni 1991 zum Vertragsinhalt gemacht und dabei unter Nr. 15 festgehalten, dass die Beklagten verpflichtet sind, sonstige Betriebskosten zu tragen. Auch ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass für eine Umlegung von Betriebskosten an sich der Verweis auf Anlage 3 zu § 27 Abs. I 11. BV genügt (vgl. OLG Hamm WuM 1997, 542, OLG Karlsruhe WuM 1986, 9 und BayObLG WuM 1984, 104). Etwas anderes gilt
jedoch für die "sonstigen Betriebskosten" im Sinne von N r. 17 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV. Denn während der allgemeine VerÂweis auf die Anlage 3 hinsichtlich der Nummern 1 bis 16 dem MieÂter hinreichende Klarheit darüber gibt, welche Nebenkosten auf ihn zukommen können, weil diese dort im einzelnen aufgeführt sind, ist dies bei der Position 17 "sonstige Betriebskosten" nicht der Fall. Gerade im Hinblick darauf, dass nach § 546 BGB a. F. (jetzt § 535 Abs. 1 Satz 3 BGB) grundsätzlich der Vermieter verpflichtet ist, die auf dem Grundstück ruhenden Lasten zu tragen, muss dem Mieter deutlich gemacht werden, welche Betriebskosten auf ihn übergeÂwälzt werden. .,
Daher ist es erforderlich, die "sonstigen Betriebskosten" im EinÂzelnen zu benennen (vgl. Senat, Urteil vom 20. Januar 1993 - Vlll ZR 10/92, NJW 1993, 1061 unter 11. 2. b) und OLG Oldenburg, WuM 1995, 430, ebenso LG Osnabrück WuM 1995, 434, LG Hannover WuM 1991, 358; Schmidt-Futterer/Langenberg, a. a.O. Rdnr. 203 und 47; Weitemeyer in: Emmerich/Sonnenschein, MieÂte, 7. Aufl., § 4 MHRG Rdnr. 16; a.A. für Gewerberaummiete OLG Celle, WuM 2000, 130 und LG FrankenthaI, NZM 1999, 958). Diesem Ergebnis kann auch nicht entgegengehalten werÂden, dass dadurch die Umlegung neuer Betriebskosten nicht mehr möglich sei. Vielmehr kann der Vermieter neue Betriebskosten mittels einer entsprechenden schriftlichen Erklärung nach § 4 Abs. 2 MHG (jetzt: § 560 Abs. I BGB) auf den Mieter verlagern. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin eine entsprechende ErÂklärung gegenüber den Beklagten nicht abgegeben. Die BeklagÂten wurden erstmals durch die Betriebskostenabrechnung vom 10. Oktober 200 I mit Kosten für eine Dachrinnenreinigung belasÂtet. Da die Dachrinnenreinigung auch nicht unter Nr. 15 des Schreibens vom 23. August 1991 aufgeführt ist, sind die insoweit angefallenen Kosten nicht als sonstige Betriebskosten wirksam auf die Beklagten umgelegt worden.
2. Anders verhält es sich mit den Kosten für den Hauswart. Die insoweit anfallenden Kosten waren durch Nr. 12 des AnschreiÂbens vom 23. August 1991 auf die Mieter umgelegt worden. Auch wenn zunächst ein Hauswart nicht beschäftigt wurde, so dass inÂsoweit zunächst Kosten nicht anfielen, wurde den Beklagten doch vor Augen gehalten, dass sie grundsätzlich verpflichtet waren, eventuell anfallende Kosten zu bezahlen. Da die Klägerin sich nunmehr entschlossen hat, einen Hauswart zu beschäftigen, haÂben die Beklagten dessen Kosten anteilig zu tragen.
Soweit die Revision meint, das Berufungsgericht hätte FeststelÂlungen dazu treffen müssen, ob eine wirtschaftliche oder praktiÂsche Notwendigkeit für die Beschäftigung eines Hauswarts gegeÂben sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Grundsätzlich ist es die freie Entscheidung des Vermieters, ob er einen Hauswart beschäftigen will. Er muss sich lediglich an die Grundsätze einer ordÂnungsgemäßen Bewirtschaftung halten. Die Kosten für den HausÂwart sind folglich von den Beklagten zu tragen, so dass sich eine Restforderung der Klägerin von noch 51,26 Euro ergibt.